Skip to content

Geschiebe des Jahres 2024

Sedimentärgeschiebe 2024

Kalmarsund-Sandstein 

 Kristallingeschiebe 2024

Rhombenporphyr 

 

Rhombenporphyr

Kristallines Geschiebe des Jahres 2024

Text von  Matthias Bräunlich (kristallin.de)

Rhombenporphyr ist ein Lavagestein aus Südnorwegen, das rhombenförmige Feldspäte enthält. (Bild 1 und 2)
Diese Porphyre entstanden im Zuge einer langen Serie vulkanischer Eruptionen. Bereits der erste Lavastrom hinterließ vor 299 Millionen Jahren eine über 100 Meter mächtige Ablagerung mit einer Fläche von etwa 10 000 km². In den folgenden 20 Millionen Jahren folgten viele weitere Ergüsse dieser besonders fließfähigen Lava. Dabei überdeckte jeder neue Lavastrom die älteren Ablagerungen und so entstand nach und nach ein Stapel aus Lavadecken, der im Maximum über 2,5 Kilometer hoch wurde (Ramberg 2008).

Die charakteristischen Rhomben sind Anorthoklase, also Feldspäte, die gleichzeitig Natrium, Kalium und Kalzium enthalten. Man nennt sie deshalb auch „ternäre Feldspäte“.
Die bei Laven übliche Alteration führt später zur Entmischung und Neubildung von Plagioklas und Alkalifeldspat auf mikroskopischer Ebene. Die äußere Form der Anorthoklase bleibt davon jedoch unberührt.

Die Bestimmung eines Geschiebes ist leicht, sofern Rhomben mit einer Länge von meist 1-2 cm in einer feinkörnigen oder dichten Grundmasse enthalten sein. Diese Rhomben sind in der Regel heller als die Grundmasse, die meist braun gefärbt ist, aber auch rot, violett, grau oder schwarz aussehen kann.
Die Menge der Feldspäte variiert stark, sodass sich ganz verschiedene Rhombenporphyre ergeben. Kaum ein Gestein sieht so vielfältig aus.

Eine besondere Untergruppe sind die Rektangelporphyre. Obwohl zu den Rhombenporphyren gehörend, sind ihre Feldspäte rechteckig. Schöne Varianten enthalten mehrere Zentimeter lange und besonders breite Rechtecke (Bild 3). Der Begriff „Rektangelporphyr“ sollte ausschließlich für diese speziellen Rhombenporphyre benutzt werden und nicht für andere Porphyre mit rechteckigen Feldspäten.

Leitgeschiebe

Rhombenporphyre sind idealtypische Leitgeschiebe. Sie kommen in Skandinavien nur im Oslograben vor und sind im Gelände auch ohne Hilfsmittel leicht zu erkennen. Außerdem sind sie das wahrscheinlich älteste beschriebene Leitgeschiebe, denn Leopold von Buch erwähnt die Rhombenporphyre bereits 1810 in seiner „Reise durch Norwegen und Lappland“.
Dazu kommt ihre Funktion als Anzeiger für andere südnorwegische Geschiebe. Bereits der Fund eines einzelnen Rhombenporphyrs zeigt, dass an dieser Stelle auch andere Gesteine des Oslograbens vorhanden sein können. Die Bedeutung der Rhombenporphyre für die Geschiebekunde kann daher nicht hoch genug geschätzt werden.

Trotz ihres scheinbar einfachen Gefüges müssen Rhombenporphyre sorgfältig bestimmt werden. Konglomerate und vulkanische Brekzien enthalten die gleichen Rhomben, sind aber andere Gesteine.
Rhombenporphyr-Konglomerate bestehen aus gerundeten Bruchstücken von Rhombenporphyr sowie sandig-feinkörnigem Material. Die einzelnen Klasten besitzen oft eine eigene Färbung und ihre runden Umrisse betonen den sedimentären Charakter des ganzen Gesteins.

Ähnliches gilt für rundliche oder kantige Bruchstücke von Rhombenporphyr in einer feinkörnigen bis dichten Grundmasse, oft zusammen mit einzelnen Rhomben. Solche Gesteine entstehen, wenn ein Lavastrom Fragmente älterer Rhombenporphyre in sich aufnimmt. Das Ergebnis ist eine vulkanische Brekzie oder ein Agglomerat.
Dazu kommen Lapilligesteine, die Bruchstücke von Rhombenporphyren enthalten. Da es im Oslograben auch explosiven rhyolithischen Vulkanismus gab, können spätere Vulkane vorhandene Rhombenporphyre aufgearbeitet und neu abgelagert haben.

Doppelgänger

Es gibt Syenite, die bei oberflächlicher Betrachtung einem Rhombenporphyr ähneln. Sie besitzen aber eine körnige Grundmasse und enthalten dazu oft kleine Granate. Diese rhombenführenden Syenite stammen sehr wahrscheinlich aus Småland, denn Proben vom Vaggeryd-Syenit bei Klevshult ähneln einem Teil dieser Syenite. Die wenigen Proben aus dem Anstehenden decken aber bei Weitem nicht das Spektrum der Geschiebefunde ab. Hier ist Forschung nötig, die von jedermann mit Interesse angegangen werden kann. Schon der Besuch von Kiesgruben in Småland könnte uns substanziell voranbringen.

Weitere Varianten wie Rhombenporphyr-Mandelsteine, Rhombenporphyr als Ganggestein, Zwillinge und die stratigraphische Einordnung durch die norwegischen Geologen finden Sie in der ausführlichen Beschreibung auf kristallin.de.

Bild 1

Image 1 of 3

Rhombenporphyr aus Südnorwegen mit rhombenförmigen Feldspäten

Literatur

Corfu B, Larsen B T, 2020: U-Pb systematics in volcanic and plutonic rocks of the Krokskogen area: Resolving a 40 million years long evolution in the Oslo Rift, Lithos 376–377

Holtedahl O. 1943: Studies on the igneous rock complex of the Oslo region, I. Some structural features of the district near Oslo, Dybwad 1943

Oftedahl, C. 1967: Magmen-Entstehung nach Lava-Stratigraphie im südlichen Oslo-Gebiete. Enke-Verlag, Stuttgart

Ramberg I. B., Bryhni I, Nottvedt A, Ragnes K, 2008. The Making of a Land – Geology of Norway, Norsk Geologisk Forening, Trondheim

Sundvoll B., Neumann E.-R., Larsen B.T., Tuen E. 1990: Age relations among Oslo rift magmatic rocks: implications for tectonic and magmatic modelling, Tectonophysics 178 (1990) 67-87, Elsevier

Vinx R. 2015: Gesteinsbestimmung im Gelände. 4. Auflage, Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg

Matthias Bräunlich, Dezember 2023


Kalmarsund-Sandstein

Sedimentärgeschiebe des Jahres 2024

Text von Johannes Kalbe

Geschiebe des Kalmarsund-Sandsteines sind oft auffällig gefärbt (Abb. 1, 2) und im norddeutschen und teilweise im südskandinavischen Raum weit verbreitet. Ihr Liefergebiet wird, begründet auf Funden von Lokalgeschieben in Südschweden, im Bereich des Kalmarsundes sowie im Bereich der Ostsee nordöstlich davon (Abb. 3; Hadding 1929, Smed & Ehlers 1994). Schulz (2003, S. 197) beschreibt Kalmarsund-Sandstein aber auch von der Ostküste von Smaland und Blekinge. Das Anstehende ist jedoch nicht bekannt (Hadding 1929, Rudolph 2013).

Der Begriff „Kalmarsund-Sandstein“ wird heute hauptsächlich nur noch in der Geschiebekunde, bzw. im deutschsprachigen Raum verwendet (Hoffmann et al. 2013), in Schweden wurde der Begriff dagegen vorwiegend historisch genutzt (z.B. Hadding 1927, 1929). Für den Kalmarsund-Sandstein wurden und werden in der Geschiebeliteratur noch folgende Begriffe verwendet: Chiasma-Sandstein für Geschiebe mit sich überkreuzenden Farbstreifen (Abb. 4), Xenusion-Quarzit, oder auch den „Skolithen-Sandstein mit violetten Röhren“ (Abb. 5; Hoffmann et al 2013). Geologisch stellt der Kalmarsund-Sandstein keine eigene Ablagerungseinheit dar, sondern ist Bestandteil des im Raum Öland ca. 30 m mächtigen Viklau-Member der File-Haidar-Formation (Nielsen & Schovsbo 2007, 2011). Er gehört damit ins obere Unterkambrium (Serie 2, Stufe 4).

Beim Kalmarsund-Sandstein handelt es sich um einen fein- und sehr gleichkörnigen Sandstein, mitunter sind untergeordnet konglomeratische Bestandteile (kaolinitisierte Feldspat-, Quarz- und Tongerölle) enthalten (Hedström & Wiman 1906, S. 84). Als Bindemittel dienen Quarz und Hämatit. Selten kann er auch deutlich konglomeratisch ausgebildet sein (Abb. 6; Holst 1892, Hedström & Wimann 1906, Hadding 1927). Sedimentgefüge, wie dünnlaminare Parallel- und Schrägschichtung, sind häufig vorhanden, seltener treten auch Erosionsstrukturen auf. Diese Merkmale weisen den Sandstein als flachmarine Bildung aus. Besonders auffällig ist die Färbung des Kalmarsund-Sandsteins, die von weiß-gelblich-beige, seltener auch grünlich zu rötlich-violett-dunkelbraun innerhalb eines Geschiebes wechseln kann. Die Färbung tritt häufig als Bänderung auf, die der Schichtung folgen kann, aber nicht muss und diese dann auch kreuzt, oder folgt Spurenfossilien der Ichnogattung Skolithos. Die rötlich-braune Färbung wird durch Hämatit hervorgerufen und ist sekundär entstanden, eventuell als Folge einer diagenetischen Überprägung im Permokarbon (A. Nielsen in Hoffmann et al. 2013).

Die Geschiebe enthalten oft Spurenfossilien der Ichnogattung Skolithos, vereinzelt wurde auch Monocraterion isp. beobachtet (Abb. 7). Selten sind grünliche (glaukonithaltige) Sandsteine mit dunkel gefärbten Skolithos-Bauten, die vermutlich aus dem Grenzbereich des im Hangenden auftretenden grünlichen Mobergella-Sandsteins stammen. Theoretisch wären damit auch Funde von Mobergella holsti möglich. Besonders bekannt geworden ist dieser Geschiebetyp aber durch seltene Funde des Lobopoden Xenusion auerswaldae (Pompeckj 1927; Jaeger & Martinsson 1967; Dzik & Krumbiegel 1989; Hauschke & Kretschmer 2015), von dem bislang 2 gesicherte Funde vorliegen: das Berliner Exemplar (Museum für Naturkunde Berlin, Fundort Sewekow/Brandenburg) und das Hallenser Exemplar (Geologisch-Paläontologische Sammlung der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg, Fundort Hiddensee/Mecklenburg-Vorpommern). Andere in der Literatur erwähnte Exemplare sind unsicher oder verschollen. Dieses Fossil stellt das bislang älteste bekannte Körperfossil Deutschlands dar, und ist das „Wappentier“ der Gesellschaft für Geschiebekunde. Nicht unerwähnt bleiben sollen mögliche Geschiebe-Funde der aus dem Ediacarium bekannten biogenen (?) Struktur Arumberia (pers. Mitt. M. Zwanzig), die jedoch noch einer Überprüfung bedürfen.

Abb. 2

Image 2 of 7

Durchgängig rot gefärbter Kalmarsund-Sandstein mit Skolithos linearis und Entfärbungsflecken, Steilküste bei Dwasieden, Rügen, (Foto: M. Torbohm)

Literatur

Dzik J & Krumbiegel G 1989 The oldest ‘onychophoran‘: a link connecting phyla? – Lethaia (22): 169-181, 6 Abb.

Hadding A 1927 The Pre-Quaternary Sedimentary Rocks of Sweden – I. A Survey oft he Pre-Quaternary Sedimentary Rocks of Sweden. II The Palaeozoic and Mesozoic Conglomerates of Sweden.  – 171 S., 45 Abb., Lund.

Hadding A 1929 The Pre-Quaternary Sedimentary Rocks of Sweden – III. The Paleozoic and Mesozoic Sandstones of Sweden. – 287 S., 138 Abb., Lund/Leipzig.

Hauschke N & Kretschmer S 2015 Xenusion auerswaldae Pompeckj 1927, a remarkable Lower Cambrian fossil in an erratic boulder from Hiddensee island – the „Halle specimen“. In: Börner A Niedermeyer RO & Schütze K (LUNG MV) 2015 Schriftenreihe des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern – 2015, Heft 1, 79. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Norddeutscher Geologen 26.-29.05.2015 in Güstrow –  S. 72-74, 1 Abb., Zentrale Druckerei des Innenministeriums im Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin.

Hedström H & Wiman C 1906 Beskrifning till blad 5 omfattande de topografiska kartbladen Lessebo, Kalmar, Karlskrona, Ottenby (samt Utklipporna). –  Sveriges Geologiska Undersökning, Ser. A1a, No. 5, 124 S., 9 Taf. Stockholm.

Holst G 1892 Beskrivning till kartbladet Simrishamn. – Sveriges Geologiska Undersökning, Ser. Aa, No. 109, 73 S., Stockholm.

Hoffmann R Grimmberger G Kalbe J Rudolph F & Schneider S 2013 Verschiedene Aspekte unterkambrischer Geschiebesandsteine mit Skolithos-Röhren. – Archiv für Geschiebekunde 6 (7): 441-492, 27 Abb., 1 Tab., Hamburg/Greifswald.

Jaeger H & Martinsson A 1967 Remarks on the problematic fossil Xenusion auerswaldae. – Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar 88: 435-452, 5 Abb.

Nielsen AT & Schovsbo NH 2007 Cambrian to basal Ordovician lithostratigraphy in southern Scandinavia –  Bulletin of the Geological Society of Denmark 53: 47-92, 12 Abb.; Kopenhagen.

Nielsen AT & Schovsbo NH 2011 The Lower Cambrian of Scandinavia: Depositional environment, sequence stratigraphy and palaeogeography.  –  Earth-Science Reviews 107: 207–310, Fig. 1-88; Amsterdam.

Pompeckj JF 1927 Ein neues Zeugnis uralten Lebens. – Palaeontologische Zeitschrift 9: 287-313, Berlin.

Rudolph F 2013  Kalmarsund-Sandstein. – Der Geschiebesammler 46: 3-10, 10 Abb.

Schulz W 2003 Geologischer Führer für den nroddeutschen Geschiebesammler. – 508 S., 1 Taf., 447 Abb., 1 Beilage, Schwerin.

Smed P & Ehlers J 1994 Steine aus dem Norden. Geschiebe als Boten der Eiszeit. – 194 S., 240 Abb., 34 Taf., Borntraeger, Berlin Stuttgart.