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Geschiebe des Jahres 2022

Die Geschiebe des Jahres 2022 stehen fest!

Das sedimentäre Geschiebe des Jahres 2022 ist das Echinodermenkonglomerat. Und als kristallines Geschiebe des Jahres wurde der Särna-Tinguait auserwählt.

 

Särna-Tinguait

Kristallines Geschiebe des Jahres 2022

Text von  Matthias Bräunlich (kristalline-geschiebe.de und kristallin.de)

Tinguaite sind Ganggesteine, die zu einem Nephelinsyenit gehören. Beide bestehen aus Alkalifeldspat und Nephelin, wobei Tinguaite zusätzlich Ägirin enthalten. Särna-Tinguaite stammen aus Mittelschweden. Die bei uns gefundenen Stücke sind meist klein. Das grünliche Gestein hat ein porphyrisches Gefüge mit Feldspäten und enthält kleine dunkle Ägirinnadeln. Särna-Tinguaite sind Leitgeschiebe, denn es gibt in Skandinavien kein zweites Vorkommen eines so auffälligen grünlichen Porphyrs. Manche Särna-Tinguaite haben eine blaugraue Färbung.

Bei der Bestimmung eines Geschiebes sind die Ägirinnadeln entscheidend, die reichlich vorhanden sein müssen. Daneben findet man immer auch helle Feldspäte und manchmal Kalzit, der weiß aussieht und am kräftigen Schäumen unter Salzsäure leicht erkennbar ist.

Alle Tinguaite enthalten in ihrer Grundmasse Nephelin, der auch unter der Lupe kaum sichtbar ist. Nur in seltenen Fällen gibt es gut erkennbare Nephelinkristalle. Diese sehen dann hellgrau oder blass aus und bilden kleine Sechs- bzw. Rechtecke – abhängig von der Blickrichtung auf den Kristall.
Wenn man einen Tinguait mit Salzsäure prüft, löst sich Nephelin auf. Dann erkennt man auch, wie viel Nephelin in der Grundmasse enthalten war. Im Särna-Tinguait kommt hin und wieder ein zweiter Feldspatvertreter vor: Cancrinit. Er kann gelblichbraun oder auch farblos aussehen und findet sich eher in den Tinguaiten ohne Nephelinkristalle. Die makroskopische Bestimmung ist schwierig. Unter Salzsäure gibt Cancrinit kleine Bläschen ab, jedoch viel weniger als Kalzit.

Herkunft:

Alle Geschiebe der Särna-Tinguaite stammen aus einem Gangschwarm bei Särna im schwedischen Dalarna. Dort steht westlich von Särna der Nephelinsyenit an und bildet zwei Berge, den Siksjöberget und den Ekorråsen. Von diesem Vorkommen gehen diverse Tinguaitgänge ab. Dazu gibt es weitere Gänge im Osten, ohne dass dort ein Vorkommen von Nephelinsyenit bekannt wäre. Vermutlich steckt es im Untergrund und nur die davon ausgehenden Gänge haben die Erdoberfläche erreicht.

Die ausführliche Beschreibung des Särna-Tinguaits finden Sie auf kristallin.de.

 

Särna-Tinguait (Bruchfläche)

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Erläuterungen und Legende zum 4. Bild:

Das Herkunftsgebiet der Särna-Tinguaite
Rot: Siksjöberget und Ekorråsen, Blau: Trygåsvallen (li.) und Rönnåsen (re.)
Die rote Schraffur deutet den nördlichen Teil des Streufächers an, in dem man Tinguaite findet.
Weiße Pfeile: Eistransport der letzten Eiszeit. Leere Pfeile: ältere Eistransporte nach Südwesten.
F = Fulufjället, T = Transtrandsfjällen.
(Karte neu gezeichnet nach Lundqvist 1997, Basiskarte: opentopomap.org)

Literatur

[1] HESEMANN J., 1975: Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen

[2] LUNDQVIST, J., 1997: The tinguaite boulder fan in northern Dalarna, Sweden and the Permo-Carboniferous rifting of Scandinavia. GFF, Vol. 119, pp. 123–126. ISSN 1103-5897

[3] LUNDQVIST, T., SVEDLUND, J. O. 2008: Provsamlingen i Älvdalens Nya Porfyrverk – geologiska beskrivningar, Sveriges geologiska undersökning, SGU-rapport 2008:1

[4] MARESCH, SCHERTL, MEDENBACH 2014: Gesteine. 2. Auflage, Schweizerbart Stuttgart

[5] TRÖGER, W. Ehrenreich: Spezielle Petrographie der Eruptivgesteine Nachdruck durch den Verlag der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, 1969

[6] VINX, R. 2015: Gesteinsbestimmung im Gelände. 4. Auflage, Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg


Echinodermenkonglomerat

Sedimentärgeschiebe des Jahres 2022

Text von Johannes Kalbe¹ & Sebastian Mantei

Geschiebe des Echinodermenkonglomerates sind im norddeutschen Raum weit verbreitet und in der einschlägigen Literatur oft erwähnt (Hucke 1967; Gravesen 1993; Schulz 2003; Rohde 2008; Rudolph et al. 2019). Liefergebiete für diese Geschiebe befinden sich im östlichen Seeland (Dänemark; Rosenkrantz 1920, 1924, 1930) und in Südwest-Schonen (Schweden; Brotzen 1984).

Die Ablagerung dieser Gesteine ist bedingt durch eine Änderung der Sedimentationsverhältnisse nach dem Rückzug des Kreidemeeres und dem erneuten Vordringen des Meeres im Seelandium („Alttertiär“, ca. 61,6 – 59,2 Mio. Jahre). Mit diesem Vorgang kommt es zu einer anderen Petrografie der Gesteine, von karbonatischen hin zu vorwiegend silikatischen Sedimentpartikeln. Dabei ist das Echinodermenkonglomerat gleichzusetzen mit der dem Danium erosiv aufliegenden, basalen zementierten Schicht der Lellinge Grünsand-Formation, nach einer Schichtlücke, die südlicher durch die unteren Bereiche der Kerteminde-Formation repräsentiert wird.

Bei den Echinodermenkonglomeraten handelt es sich um hellgraue oder durch Glaukonit grünlich gefärbte bioklastische Konglomerate mit sandiger Matrix (Abb.1), die schon früh als „Echinodermenbreccie“ (Deecke 1899) beschrieben wurden. Später hat sich jedoch der genauere und zutreffendere Begriff „Ekinodermkonglomerat“ (Grönwall 1904) oder „Echinodermenkonglomerat“ (Deecke 1907; Hucke 1917, 1922, 1967) durchgesetzt.

Die Geschiebe enthalten große Mengen aufgearbeiteter Fossilien des Paläozäns (Brotzen 1948; Bilz 2007) und möglicherweise auch der Oberkreide (Reinecke & Engelhard 1997). Vor allem finden sich Echinodermenreste, Mollusken (Abb. 2; 3), aber auch Bryozoen (Abb. 4), Korallen, Foraminiferen, Haizähne (Abb. 5) und die Brachiopode Crania tuberculata (Abb. 6). Weiterhin sind Quarzgerölle, Phosphoritkonkretionen, phosphoritische Steinkerne von Schnecken, Brachiopoden (Abb. 7), Muscheln und Krabben, phosphatische Fäkalpellets und Fischreste (insbesondere mehr oder weniger abgerollte Haizähne (Reinecke & Engelhardt 1997; Ladwig 1998)) regelmäßig auftretende Gesteinsbestandteile. Die scharfe Grenze zu Sedimenten des Danium kann man mitunter auch bei Funden dieser Grenzbereiche im Geschiebe beobachten: Dankalke und –flinte mit auflagerndem oder in Grabgängen wie Ophiomorpha oder Thalassionoides einsedimentiertem Echinodermenkonglomerat (Abb. 8).

 

Echinodermenkonlomerat

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Fundort: Ruhlsdorf bei Bernau (leg. S. SCHNEIDER, Foto M. TORBOHM)

Literatur

BILZ W 2007 Geschiebefunde an den Abbruchkanten der Eckernförder Bucht. 8. Sedimentärgeschiebe des Paläozän – Das Echinodermenkonglomerat. Der Geschiebesammler 40(3): 107-128, 35 Abbildungen, Wankendorf.
BROTZEN F 1984 The Swedish Palaeocene and its Foraminiferal Fauna.Sveriges Geologiska Undersökning, Avhandlingar och Upsatter (Ser. C) 493: 1-140, 19 Tafeln, 3 Tabellen, Stockholm.
DEECKE W 1899 Ueber eine als Diluvialgeschiebe vorkommende paleocäne Echinodermenbreccie. Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins für Vorpommern und Rügen 31: 67–76, Stralsund.
DEECKE W 1907 Geologie von Pommern. 302 S:, 40 Abb., Berlin (Borntraeger).
GRAVESEN P 1993 Fossiliensammeln in Südskandinavien. 248 S., 135 Abbildungen, 267 Zeichnungen, Weinstadt (Goldschneck-Verlag).
GRÖNWALL, KA 1904: Forsteningsførende Blokke fra Langeland, Sydfyn og Ærø samt Bemærkninger om de ældre Tertiærdannelser i det baltiske Område. Danmarks Geologiske Undersøgelse II. Række 15, 62 S.
HUCKE K 1917 Die Sedimentärgeschiebe des norddeutschen Flachlandes. 195S., 30 Abbildungen, 37 Tafeln, Leipzig (Quelle & Meyer).
HUCKE K 1922 Geologie von Brandenburg. 352 S., 56 Abbildungen, 1 Karte, Stuttgart (Ferdinand Enke).
HUCKE K 1967 Einführung in die Geschiebeforschung. (Sedimentärgeschiebe). Herausgegeben und erweitert von E. VOIGT, 132 S., 50 Tafeln, 24 Abbildungen, 5 Tabellen, Oldenzaal (Nederlandse Geologische Stichting).
LADWIG J 1998 Fischreste aus dem Echinodermenkonglomerat. Der Geschiebesammler 31(4): 177-186, 3 Abbildungen, 1 Tafel, Wankendorf.
REINECKE T & ENGELHARD P 1997 The Selachian Fauna from Geschiebe of the Lower Selandian Basal Conglomerate in the Danish Subbasin. Erratica, Monographien zur Geschiebekunde 2, 45 S., 6 Tafeln, 2 Tabellen, Wankendorf.
ROHDE A 2007 Auf Fossiliensuche an der Ostsee. 224 S., 198 Abbildungen, 1 Karte; Neumünster (Wachholtz Verlag).
ROSENKRANTZ A 1920 Craniakalk fra Københavns Sydhavn. Danmarks Geologiske Undersøgelse, II. Række 36, 79 S., 2 Tafeln, 10 Abbildungen; København.
ROSENKRANTZ A 1924 De københavnske Grønsandslag og deres Placering i den danske Lagrække. Meddelelser fra Dansk Geologisk Forening 6, 1–39, 8 Abbildungen, København.
ROSENKRANTZ A 1930 Den paleocæne Lagserie ved Vestre Gasværk. Meddelelser fra Dansk Geologisk Forening 7: 371–390, 5 Abbildungen, København.
RUDOLPH F, BILZ W & PITTERMANN D 2019 Fossilien an deutschen Küsten. 357 S., 1200 Abbildungen, 8 Tabellen, Wiebelsheim (Quelle & Meyer).
SCHULZ W 2003 Geologischer Führer für den norddeutschen Geschiebesammler. 507 S., 488 Abbildungen, 1 Karte; Schwerin (cw Verlagsgruppe).

 

1 Geologischer Dienst Mecklenburg-Vorpommern, johannes.kalbe@lung.mv-regierung.de