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Geschiebe des Jahres 2021

Die Geschiebe des Jahres 2021 stehen fest! Es wurden der Bernstein (sedimentäre Geschiebe) und der Larvikit (kristalline Geschiebe) auserwählt.

 

Larvikit

Kristallines Geschiebe des Jahres 2021

Text von Susanne Alt und Bilder von Matthias Bräunlich
(kristalline-geschiebe.de und kristallin.de)

Der Larvikit ist ein plutonisches Gestein aus Südnorwegen. Die Magma ist also unterhalb der Erdoberfläche erkaltet. Das größte zusammenhängende Larvikitvorkommen im Süden Norwegens befindet sich in der südwestlichen Ecke des Oslograbens. Dieses Larvikit-Vorkommen erstreckt sich zwischen Tønsberg im Osten und dem Langesundfjord als westliche Grenze. Es handelt sich bei dem Vorkommen um mehrere Intrusionen, die sich vor ungefähr 293 bis 297 Millionen Jahren über einen Zeitraum von ca. fünf Millionen Jahren gebildet haben. Wobei die älteste Intrusion im Osten und die späteren Intrusionen im Westen liegen.

Ein besonderes Merkmal des Larvikits ist, dass er hauptsächlich (80% bis 95%) aus ternärem Feldspat und nicht aus Plagioklas oder Alkalifeldspat besteht. Er kann auch Quarz oder Nephelin enthalten. Die weiteren dunklen Minerale (Pyroxen, Amphibol, Biotit, Olivin), die im Larvikit vorhanden sein können, sind für die Bestimmung des Gesteins nicht wesentlich. Ein typischer Larvikit weist große Kristalle in einem undeformierten Gefüge auf. Die Farbe ist eher unscheinbar grau.
Der graue Larvikit (Bild 1), mit der Handelsbezeichnung “Silver Pearl”, stammt aus Håkestad/Norwegen (Anstehendstück). Es handelt sich um eine grobkristalline, gleichkörnige Variante mit großen Rhomben, die im Bild als spiegelnde Fläche zu sehen sind.

Larvikite und Rhombenporphyre stammen aus der gleichen Schmelze. Das plutonische Gestein (Larvikit) und das vulkanische Gestein (Rhombenporphyr) unterscheiden sich durch ihre Abkühlungsgeschichte. In beiden Gesteinen sind Rhomben zu finden. Aufgrund ihres gleichen Herkunftsortes treten beide Gesteine  immer in einer Geschiebegemeinschaft auf. Die Rhombenbildung wird durch den ternären Feldspat begünstigt.  

Vor allem in den grobkörnigen Varianten des Larvikits sind Rhomben zu finden, nach denen man aber i.d.R. suchen muss. Die Rhomben zeigen sich nicht auf jeder Bruchfläche. Ob Rhomben erkennbar sind, hängt von der Blickrichtung auf das Gefüge ab.

Sind keine Rhomben zu finden, sollte man nach einem Schiller suchen. In einzelnen Feldspatkristallen kann beim Larvikit ein farbiger Schiller auftreten. Er ist meist blau kann aber auch grau, oder überhaupt nicht vorhanden sein. Der Schiller tritt nicht auf der gleichen Bruchfläche wie die Rhomben auf. Die Rhomben und der Schiller werden nur abwechselnd sichtbar, wenn man das Gestein um 90° dreht. Ist auf der Oberfläche ein Schiller erkennbar, so befinden sich die Rhomben auf der Frontseite der betrachteten Probe bzw. umgekehrt.

Bei dem Larvikit (Bild 2) handelt es sich um einen Geschiebefund aus der Jammerbucht (Dänemark).   Das Bild zeigt einen grobkristallinen, gleichkörnigen Larvikit, der leichte, gelbliche Verfärbungen in den Rissen der Kristalle aufweist. Dieser Larvikit zeigt zusätzlich feine Risse in den großen Kristallen. Bei dieser Ansicht ist zwar kein Rhombus sichtbar, dafür ist in der Mitte des Bildes der Schiller  in den großen Kristallen zu sehen. 
Auch in der angewitterten Form (Bild 3) kann man bei diesem Larvikit noch die Rhomben erkennen (Pfeile).

Aufgrund ihres grobkristallinen Gefüges und des hohen Anteils an Feldspat sehen sich ein grauer Larvikit (ternärer Feldspat) und ein Anorthosit (Plagioklas) sehr ähnlich. Bei der Bestimmung des Gesteins ist auf diesen Umstand ein besonders Augenmerk zu richten. Der Larvikit kann eine feine Streifung aufweisen, die aber keine polysynthetische Verzwilligung darstellt, sondern feine Risse oder Ähnliches sind. Dieses ist ein klares Unterscheidungsmerkmal zum Anorthosit. Der Larvikit weist auch unter der Lupe keine polysynthetische Verzwilligung auf. Eine Abgrenzung zum Anorthosit lässt sich anhand des Schillers nicht treffen, da auch er einen ähnlichen Schiller aufweisen kann. Rhomben treten im Anorthosit nicht auf.

Im direkten Vergleich (Bild 4) ist erkennbar, dass sich Larvikit (links) und Anorthosit (rechts) sehr ähneln. Beim Anorthosit ist im oberen rechten Viertel des Bildausschnitts  deutlich eine polysynthetische Verzwilligung des Plagioklas (Pfeil) zu erkennen. Beide Gesteine sind grobkristallin.

Wie eingangs erwähnt, ist der Larvikitkomplex südwestlich von Oslo in zeitlich aufeinander folgenden Phasen entstanden. Jede Phase hat eine eigene Intrusion hervorgebracht. Die einzelnen Intrusionen variieren in ihrer mineralogischen Zusammensetzung. Der Quarzgehalt der Schmelze ändert sich. Er nimmt immer mehr ab, bis er ganz verschwunden ist. Anschließend nimmt der Nephelingehalt der Schmelze zu.
Die unterschiedliche Mineralzusammensetzung und der über einen längeren Zeitraum anhaltende Entstehungsprozess zeigt sich in unterschiedlichen Erscheinungsbildern des Larvikits.  Neben den grobkristallinen Varianten gibt es auch gleichkörnige und porphyrische Vertreter. Zu den porphyrischen Varianten des Larvikits gehört der Tønsbergit. Er stammt von der östlichen Grenze des Vorkommens bei Tønsberg und ist somit der älteste Larvikit in diesem Gebiet. Das Gestein weist ein porphyrisches Gefüge auf und ist rot alteriert (Hämatit). Alteration bedeutet, dass durch den Einfluss von Hitze (hier aus dem magmatischen Prozess) und dem Einfluss von Gasen oder Flüssigkeiten (Fluiden), Minerale im Gestein umgewandelt werden. Dieser Prozess führt zu entsprechenden Verfärbungen. Der  Tønsbergit war am längsten dem in diesem Gebiet anhaltenden magmatischen Prozess ausgesetzt. Bei den Larvikiten weist er die stärkste Verfärbung  auf.

Bei dem Tønsbergit (Bild 5) sind deutlich die Rhomben in der roten Grundmasse zu erkennen.

Larvikite in der gleichkörnigen Variante und ohne Rhomben, sind makroskopisch, d.h. mit der Lupe, nicht sicher bestimmbar und können somit kein Leitgeschiebe darstellen. Die Larvikite, die einen Schiller und Rhomben aufweisen, sehen so aus, wie die im Handel verkauften Larvikite. Von dieser Gesteinsvariante ist zweifelsfrei der Herkunftsort bestimmbar, sie kann also als Leitgeschiebe dienen.

 

Zusammenfassung

Zur zweifelsfreien Bestimmung des Larvikits als Geschiebe ist zusammenfassend auf folgende Merkmale zu achten:

  • Der Larvikit tritt als Geschiebe nur gemeinschaftlich mit dem Rhombenporphyr auf. Die beiden Gesteine stammen aus der gleichen Schmelze. Geschiebe von Rhombenporphyren treten allerdings sehr viel häufiger auf als von Larvikit. Sind am Fundort keine Rhombenporphyrgeschiebe zu finden, dann ist es wahrscheinlicher, dass es sich bei dem vermeintlichen Larvikit eher um einen Anorthosit handelt.
  • Es handelt sich um ein grobkörniges Gestein.
  • Es ist ein Schiller vorhanden.
  • Es sind Rhomben vorhanden.
  • Es ist keine polysynthetische Verzwilligung vorhanden.

Darüber hinaus gibt es Larvikite, die weder einen Schiller noch Rhomben aufweisen. Bei diesen Varianten wird die makroskopische Bestimmung schwieriger bis unmöglich.

Die Larvikite, die Rhomben und einen Schiller aufweisen, sind die Varianten, die gut aussehen und somit als Zierstein abgebaut und verkauft werden können. Das sind auch die Gesteine, die wir sicher als Larvikit erkennen und bestimmen können. Da von diesen Larvikiten das Herkunftsgebiet bekannt ist, können sie als Leitgeschiebe dienen.

Bild 4: Vergleich Larvikit mit Anorthosit

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Literatur

[1] Heldal, Tom; Kjølle, Idunn; Meyer, Gurli B.; Dahlgren, Sven: National treasure of global significance. Dimension-stone deposits in larvikite, Oslo igneous province, Norway, 2008, NGU Special Publikation 11

[2] Petersen, Jon, Steen: Structure of the larvikite-lardalit complex, Oslo Region, Norway, and its evolution, 1978, Geologische Rundschau 67.


Bernstein

Sedimentärgeschiebe des Jahres 2021

Text von Johannes Kalbe¹
Bilder von Johannes Kalbe,
Sönke Simonsen und Marc Torbohm

Baltischer Bernstein ist ein fossiles Harz aus dem Eozän. Ursprünglich wurde dieses Baumharz vor ca. 40 Millionen Jahren von Bächen und Flüssen aus dem Bernsteinwald zum Meer transportiert und dort in den küstennahen Deltaablagerungen eingebettet. Im baltischen Raum finden wir diese auch „Blaue Erde“ genannten Ablagerungen zum Beispiel bei Kaliningrad. Große Mengen dieser Ablagerungen wurden jedoch während der Vereisungen des Pleistozäns von den eiszeitlichen Gletschern aufgearbeitet und darin enthaltener Bernstein großflächig mit den anderen Gesteinen Skandinaviens und des Baltikums in Nordeuropa verteilt. Ab und an kann man daher im Geschiebe auch Bernsteine mit Gletscherkritzungen finden (Abb. 1a). Mit dem Ende der Eiszeit wuschen die Schmelzwässer der abschmelzenden Gletscher den Bernstein aus den eiszeitlichen Ablagerungen aus. Es kam zu Anreicherungen dieses versteinerten Harzes in den Schmelzwassersanden der Urstromtäler und den Becken, in das sie entwässerten: Ost- und Nordsee (Schulz 1999). Daher wird Baltischer Bernstein heute als Geschiebe vor allem häufig an den Küsten dieser Meere (Abb. 2) und in den Flüssen im von glazialen Ablagerungen bedeckten Nordeuropa gefunden (Krause 1998, 2021), er kommt aber im gesamten nordeuropäischen Vereisungsgebiet vor.

Baltischer Bernstein hat eine oft gelbe bis braune Farbe, ist, obwohl er „versteinert“ ist sehr weich (Mohs-Härte von 2 bis 2,5) und hat eine sehr geringe Dichte (1,05 g/cm³). Diese geringe und eine kaltem Wasser sehr ähnliche Dichte führt dazu, dass er besonders im Winter „aufschwimmt“ und oft an den Spülsäumen von Ost- und Nordsee gefunden wird. Befindet sich Bernstein an der Luft, oxidiert und zerfällt er langsam, daher zeigen Bernsteine aus „trockenen“ Fundschichten oft eine Verwitterungskruste (Abb. 3) und mitunter deutliche Zerfallserscheinungen. Unter Wasserbedeckung ist Bernstein dem Luftsauerstoff weitgehend entzogen ist, Bernstein von solchen Fundorten hat oft keine oder nur eine sehr dünne Verwitterungsrinde.

Seinen Namen bekam der Baltische Bernstein von seiner Eigenschaft entzündbar zu sein und unter starker Rußentwicklung zu verbrennen. Vor allem seine oft satte gelbe Farbe und die Fähigkeit klarer Stücke, das Sonnenlicht einzufangen, zu brechen und zu reflektieren, erzeugte schon seit jeher das Interesse der Menschen (Ganzelewski & Slotta 1997). Damit gehört das Sedimentärgeschiebe des Jahres 2021 wohl (neben dem Feuerstein aus der Kreidezeit) zu den am längsten bekannten und von Menschen gesammelten Sedimentärgeschieben. In der Steinzeit, aber auch während der Völkerwanderungszeit (Ansorge & Oehrl 2016), im Mittelalter (z.B. Messal 2019, S. 57) und bis heute ist Bernstein ein gesuchter und geschätzter Schmuckstein, der sich zudem durch seine geringe Härte und oft hohe Homogenität ideal schon mit einfachen Mitteln be- und verarbeiten lässt. Bei Paläontologen ist er zudem sehr geschätzt, weil er in seinem Inneren Bestandteile der Eozänen Fauna und Flora hervorragend konserviert hat (Abb. 4; Weitschat & Wichard 1998, Wichard & Weitschat 2004, Gröhn 2015) und zum Beispiel wichtige Erkenntnisse zur Evolution der Insekten beiträgt.

Abb. 1: Bernstein aus einem Nass-Kiestagebau im Landkreis Vorpommern-Rügen, mit a) einer vermutlich durch Gletscherbewegung gekritzten und einer b) unerodierten, teilweise noch mit Braunkohleresten erhaltenen Oberfläche (ca. 9 cm lang, Foto & Slg. J. Kalbe).

Abb. 2: Bernstein im Streiflicht am Strandspülsaum (Foto & Slg. S. Simonsen).

Abb. 3: Stark verwitterter Geschiebebernstein, der mehrere Jahre exponiert auf einer Kiesfläche (Kiestagebau Niederlehme) lag, deutlich sieht man die narbige verwitterte Oberfläche (Foto & Slg. M. Torbohm).

Abb. 4: Trauermücke (Sciaridae) in Geschiebebernstein, Strand bei Lubmin, Vorpommern. (Foto & Slg. J. Kalbe).

Abb_1

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Literatur

Ansorge J & Oehrl S 2016 Ein völkerwanderungszeitlicher vogelförmiger Bernsteinanhänger mit Runeninschrift vom Ostseestrand der Rostocker Heide, Hansestadt Rostock. Jahrbuch Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern 62, 107-127, 5 Abb., Schwerin.

Ganzelewski M & Slotta R (Hrsg.) 1997 Bernstein – Tränen der Götter, Ausstellung im Deutschen Bergbau-Museum Bochum 15. September 1996 bis 19. Januar 1997. Verlag Glückauf, 585 S., 401 Abb., Essen.

Gröhn C 2015 Einschlüsse im Baltischen Bernstein. Wachholtz Verlag, 424 S., 1394 Abb., Kiel/Hamburg.

Krause K 1998 Baltischer Bernstein aus einer Kiesgrube bei Buxtehude. Geschiebekunde aktuell 14(3): 69-70, 102-104, 1 Taf., 1 Abb., Hamburg.

Krause K 2021 Bernstein vom unteren Lauf der Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven. Der Steinkern 44, 34-38, 4 Abb., Bielefeld.

Messal S 2019 Auf der Suche nach dem ältesten Hafen Rostocks – Archäologische Untersuchungen auf dem frühmittelalterlichen Seehandelsplatz am Primelberg in Rostock-Dierkow. Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, 77 S., 108 Abb., Wilhelmshaven.

Schulz W 1999 Der Baltische Bernstein in quartären Sedimenten, eine Übersicht über die Vorkommen, die größten Funde und die Bernstein-Museen. Archiv für Geschiebekunde 2(7):  459-478, 4 Abb., 5 Tab., Hamburg.

Weitschat W & Wichard W 1998 Atlas der Pflanzen und Tiere im Baltischen Bernstein. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, 256 S., 92 Abb., München.

Wichard W & Weitschat W 2004 Im Bernsteinwald. Gerstenberg, 168 S., 156 Abb., Hildesheim.

 

¹Johannes Kalbe, Universität Rostock, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Landschaftsökologie, Justus-von-Liebig-Weg 6, 18058 Rostock, johannes.kalbe@uni-rostock.de

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